Konzern­lagebericht

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Struktur und Geschäftstätigkeit

In diesem Kapitel erläutern wir die rechtliche und organisatorische Struktur des Volkswagen Konzerns und beschreiben die wesentlichen Veränderungen im Beteiligungsbereich im Jahr 2021.

RECHTLICHE UNTERNEHMENSSTRUKTUR IN GRUNDZÜGEN

Die Volkswagen AG ist die Muttergesellschaft des Volkswagen Konzerns. Einerseits entwickelt sie Fahrzeuge und Komponenten für die Konzernmarken, andererseits produziert und vertreibt sie insbesondere Pkw und leichte Nutzfahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw und Volkswagen Nutzfahrzeuge. In ihrer Funktion als Muttergesellschaft hält die Volkswagen AG unmittelbar beziehungsweise mittelbar Beteiligungen an der AUDI AG, der SEAT S.A., der ŠKODA AUTO a.s., der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, der TRATON SE, der Volkswagen Financial Services AG, der Volkswagen Bank GmbH sowie an zahlreichen weiteren Gesellschaften im In- und Ausland. Ausführliche Angaben können Sie der Aufstellung des Anteilsbesitzes gemäß §§ 285 und 313 HGB entnehmen, der auf der Internetseite www.volkswagenag.com/de/InvestorRelations.html abrufbar und Bestandteil des Jahresabschlusses ist.

Im Sinne von § 3 Nr. 38 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist die Volkswagen AG ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen und unterliegt somit den Regelungen des EnWG. Im Elektrizitätssektor übt die Volkswagen AG gemeinsam in der Gruppe mit Tochterunternehmen die Funktionen Erzeugung und Vertrieb sowie Verteilung von Elektrizität aus.

Der Vorstand der Volkswagen AG leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung. Der Aufsichtsrat bestellt, überwacht und berät den Vorstand; er ist unmittelbar in Entscheidungen eingebunden, die von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen sind.

ORGANISATORISCHE UNTERNEHMENSSTRUKTUR

Der Volkswagen Konzern ist einer der führenden Mehrmarkenkonzerne der Automobilindustrie. Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfasst die Konzernbereiche Automobile und Finanzdienstleistungen. Alle Marken im Konzernbereich Automobile sind – mit Ausnahme der Marken Volkswagen Pkw und Volkswagen Nutzfahrzeuge – in eigenen Gesellschaften rechtlich verselbstständigt.

Der Konzernbereich Automobile umfasst den Bereich Pkw mit den Markengruppen Volumen, Premium und Sport & Luxury sowie die Bereiche Nutzfahrzeuge und Power Engineering.

Im Bereich Pkw werden im Wesentlichen die Pkw-Marken sowie die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge des Volkswagen Konzerns konsolidiert. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit ist die Entwicklung von Fahrzeugen, Motoren und Fahrzeugsoftware, die Produktion und der Vertrieb von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen sowie das Geschäft mit Originalteilen. Das Produktportfolio erstreckt sich von Kleinwagen bis hin zu Fahrzeugen aus dem Luxussegment. Es beinhaltet auch Motorräder und wird durch Mobilitätslösungen ergänzt.

Der Bereich Nutzfahrzeuge umfasst vor allem die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von Lkw und Bussen, das Geschäft mit entsprechenden Originalteilen sowie damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen. Das Angebot im Bereich Nutzfahrzeuge beginnt bei leichten Transportern und erstreckt sich bis hin zu schweren Lkw und Bussen. Seit dem 1. Juli 2021 ergänzt Navistar die Marken in diesem Bereich. Die Zusammenarbeit der Nutzfahrzeugmarken wird in der TRATON SE koordiniert, die an der Börse notiert ist.

Im Bereich Power Engineering wird das Geschäft mit Großdieselmotoren, Turbomaschinen und Komponenten der Antriebstechnik abgebildet.

Die Tätigkeit des Konzernbereichs Finanzdienstleistungen umfasst die Händler- und Kundenfinanzierung, das Fahrzeugleasing, das Direktbank- und Versicherungsgeschäft sowie das Flottenmanagement und Mobilitätsangebote.

Mit seinen Marken ist der Volkswagen Konzern auf allen relevanten Märkten der Welt vertreten. Zu den Wesentlichen gehören derzeit die Region Westeuropa sowie die Länder China, USA, Brasilien, Russland, Mexiko, Polen und die Türkei.

Die Volkswagen AG und der Volkswagen Konzern werden vom Vorstand der Volkswagen AG auf Grundlage der Satzung der Volkswagen AG und der durch den Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung für den Vorstand der Volkswagen AG geleitet.

Dementsprechend waren die Aufgaben bis zum 31. Dezember 2021 auf zehn Vorstandsressorts aufgeteilt. Neben dem Geschäftsbereich „Vorsitzender des Vorstands“, zu dem unter anderem die Markengruppe „Volumen“ gehört, sind die weiteren Geschäftsbereiche: „Einkauf“, „Technik“, „Finanzen“, „Personal und Truck & Bus“, „Integrität und Recht“, „Premium“, „Sport & Luxury“, „IT“ sowie „China“. Zum 31. Dezember 2021 wurden der Geschäftsbereich „China“ vom Vorsitzenden des Vorstands und der Geschäftsbereich „IT“ vom Vorstandsmitglied für den Geschäftsbereich „Finanzen“ jeweils in Personalunion geführt. Seit dem 1. Februar 2022 ist für das Vorstandsressort „IT“ ein eigenes Vorstandsmitglied zuständig. Der Geschäftsbereich „China“ wurde mit Wirkung zum 1. August 2022 wieder einem eigenen Vorstandsmitglied zugewiesen.

Im Dezember 2021 hat der Aufsichtsrat beschlossen, den Konzernvorstand personell zu verstärken und in diesem Zuge dessen Struktur und Funktionen neu zu organisieren. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 wurde ein neues Vorstandsressort „Volkswagen Pkw“ eingerichtet. Zum 1. Februar 2022 wurde ferner ein neues Vorstandsressort „Konzernvertrieb“ geschaffen.

Die Markengruppe Volumen umfasst die Marken Volkswagen Pkw, ŠKODA, SEAT/CUPRA und Volkswagen Nutzfahrzeuge. Seit dem 1. März 2021 wird Bentley der Markengruppe Premium zugeordnet, die bisher die Marken Audi, Lamborghini und Ducati umfasste. Seit dem Abgang von Bugatti aus dem Markenportfolio des Konzerns im November 2021 besteht die Markengruppe Sport & Luxury nunmehr aus der Marke Porsche. In der Markengruppe Truck & Bus fungiert die TRATON SE als Dach für die Nutzfahrzeugmarken Scania, MAN, Volkswagen Caminhões und Navistar.

Neben den Markengruppen wurde im Berichtsjahr die Softwaretochter CARIAD SE weiter aufgebaut. Sie bündelt die Softwarekompetenz im Volkswagen Konzern, baut sie aus und arbeitet daran, ein standardisiertes Betriebssystem für die Fahrzeuge der Konzernmarken anzubieten.

Wir sind überzeugt, dass durch dieses Führungsmodell vorhandene Kompetenzen und Skaleneffekte besser genutzt, Synergien systematischer gehoben und Entscheidungen beschleunigt werden. Zusätzlich schafft dies die Voraussetzung dafür, die Steuerung des Volkswagen Konzerns einfacher, schlanker und effektiver zu gestalten. Die Marken werden gestärkt und ihnen steht mehr Autonomie zu. Entscheidungen werden nach dem Prinzip der Subsidiarität auf der jeweils zuständigen, niedrigsten Ebene getroffen, nah am operativen Geschäft. So wird die Zusammenarbeit zwischen Marken und Konzern verbessert, die Synergiehebung gestärkt und die Führung des Konzerns zur gemeinsamen Aufgabe.

Jede Marke des Volkswagen Konzerns wird von einem Markenvorstand geleitet, der die unabhängige und eigenständige Entwicklung sowie den Geschäftsbetrieb der Marke sicherstellt. Dabei berücksichtigt er die vom Vorstand der Volkswagen AG festgelegten Konzernziele und -vorgaben sowie die Übereinkommen in den Markengruppen, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Konzernübergreifende Interessen können so verfolgt und gleichzeitig die markenindividuellen Charakteristika gewahrt und gestärkt werden. Angelegenheiten von konzernweiter Bedeutung werden dem Konzernvorstand vorgelegt, um – im gesetzlich zulässigen Rahmen – eine Abstimmung zu erreichen. Die Rechte und Pflichten der gesetzlichen Organe der betreffenden Markengesellschaft bleiben davon unberührt.

Die Gesellschaften des Volkswagen Konzerns werden von ihrer jeweiligen Geschäftsleitung in eigener Verantwortung geführt. Dabei berücksichtigen die Geschäftsleitungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen neben den Interessen der Gesellschaft auch die Interessen des Konzerns, der jeweiligen Markengruppe und der einzelnen Marken.

Auf Konzernebene befassen sich zudem Vorstandsausschüsse mit wesentlichen strategischen Fragestellungen zu Produkten, Technologien, Investitionen, zur Digitalen Transformation, zu Integrität und Compliance, zum Risikomanagement sowie zu Personal und zu Führungsfragen. Die Ausschüsse überarbeiten und optimieren wir stetig, um ihre Relevanz zu überprüfen und die Effizienz ihrer Entscheidungen weiter zu steigern. Dadurch wird zum einen die Komplexität reduziert und zum anderen die Governance im Konzern gestärkt.

Im Rahmen der im Geschäftsjahr verabschiedeten neuen Konzernstrategie NEW AUTO wird unser Steuerungsmodell mit der Basisinitiative „Group Steering Model“ weiterentwickelt, um so die Steuerbarkeit des Konzerns im Einklang mit den Markengruppen und übergreifenden Synergiefeldern noch weiter zu verbessern. Neben dem weiteren Aufbau der CARIAD gehören zu diesen Synergiefeldern auch die Aktivitäten in Bereichen wie Mechatronik, Batterietechnologie und Ladeinfrastruktur sowie Mobilitätslösungen.

WESENTLICHE VERÄNDERUNGEN IM BETEILIGUNGSBEREICH

Im November 2020 gaben die TRATON SE (TRATON) und die Navistar International Corporation (Navistar), ein führender US-amerikanischer Lkw-Hersteller, den Abschluss eines bindenden Zusammenschlussvertrags (Merger Agreement) bekannt. Ende 2020 hielt TRATON eine Beteiligung in Höhe von 16,7 % an Navistar. Am 2. März 2021 stimmten die Aktionäre von Navistar auf ihrer Jahreshauptversammlung der Übernahme durch TRATON zu. Anfang Juli 2021 hat TRATON über eine Gesellschaft der TRATON GROUP alle ausstehenden Stammaktien von Navistar nach Vorlage aller regulatorischen Genehmigungen zum Kaufpreis von 3,7 Mrd. USD erworben. TRATON hält nun mittelbar 100 % der Anteile an Navistar.

Ende Juni 2021 wurde die Verschmelzung von MAN SE (MAN) mit TRATON auf der Hauptversammlung von MAN beschlossen. Mit Beschlussfassung der Verschmelzung wurde auch das Verfahren zur Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre von MAN auf TRATON gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung durchgeführt (verschmelzungsrechtlicher Squeeze-out). Am 31. August 2021 ist die Eintragung der Verschmelzung von MAN auf TRATON in die Handelsregister von MAN und TRATON erfolgt. Mit Eintragung in das Handelsregister wurde der Squeeze-out rechtswirksam. Im Anschluss erfolgte Anfang September 2021 die Auszahlung der Barabfindung in Höhe von 70,68 € je Stamm- und Vorzugsaktie an die Minderheitsaktionäre der MAN SE. Damit ist der MAN SE Squeeze-out abgeschlossen. Die Angemessenheit der Barabfindung wird durch ein gerichtliches Spruchverfahren, das von im Squeeze-out abgefundenen Minderheitsaktionären initiiert wurde, überprüft.

In 2021 haben der Volkswagen Konzern und Rimac Automobili d.o.o., Sveta Nedelja/Kroatien (Rimac), Bugatti Rimac d.o.o. mit Hauptsitz in Sveta Nedelja gegründet. Volkswagen hat dabei seine vollkonsolidierten Tochtergesellschaften Bugatti Automobiles S.A.S, Molsheim/Frankreich und zunächst 51 % der Bugatti International S.A., Strassen/Luxemburg eingebracht. An dem Unternehmen halten Rimac 55 % und Volkswagen über die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG (Porsche) 45 % der Anteile. Außerdem ist Porsche mit 22 % direkt an Rimac beteiligt. Zunächst wird Bugatti Rimac d.o.o. mit dem Bugatti Chiron und dem Rimac Nevera zwei Hypercar-Modelle produzieren. Für die weitere Zukunft ist angedacht, dass ein gemeinsames Produktportfolio unter dem Markennamen Bugatti mit dem Ziel der Entwicklung, Produktion und des Vertriebs elektrisch betriebener Luxus-Hypersportwagen das Kernstück von Bugatti Rimac d.o.o. sein soll.

Der Volkswagen Aufsichtsrat hat Ende Juli 2021 einem Vertrag mit dem Finanzinvestor Attestor Limited und der Pon Holdings B.V. zur Abgabe eines gemeinsamen öffentlichen Übernahmeangebots auf die Anteile an der Europcar Mobility Group S.A. Paris/Frankreich über eine Konsortialgesellschaft zugestimmt. Nach erfolgreicher Prüfung der Angebotsunterlagen gab die französische Aufsichtsbehörde Ende November 2021 das Übernahmeangebot frei. Ende November 2021 begann die Frist, während der die Europcar-Aktionäre ihre Aktien andienen können. Volkswagen bietet zusammen mit seinen beiden Partnern durch die Konsortialgesellschaft 50 Cent je Europcar-Aktie. Werden mehr als 90 % der Aktien angedient, so kommt ein Aufschlag von einem Cent je Aktie dazu. Wird das Angebot angenommen, so wird das Konsortium nach derzeitigem Stand gemeinsam die Beherrschung über Europcar übernehmen.

Zur Ausweitung der Batterie-Kompetenz hat Volkswagen sich über die Volkswagen (China) Investment Co. Ltd an der Gotion High-Tech Co., Ltd., Hefei (China) beteiligt und ist mit 26 % nun größter Anteilseigner des chinesischen Batterielieferanten. Der Konzern hat hierfür insgesamt 1,2 Mrd. € investiert. Die Beteiligung wird nach der Equity-Methode bewertet.

RECHTLICHE EINFLUSSFAKTOREN FÜR DAS GESCHÄFT

Auf das Geschäft der Volkswagen Gesellschaften wirken – wie auch bei anderen international tätigen Unternehmen – zahlreiche in- und ausländische Rechtsordnungen ein. Insbesondere handelt es sich dabei um dienstleistungs-, entwicklungs-, produkt-, produktions- und vertriebsbezogene Vorschriften sowie um aufsichts-, datenschutz-, finanz-, gesellschafts-, handels-, kapitalmarkt-, kartell- und steuerrechtliche Regelungen als auch solche des Arbeits-, Banken-, Beihilfe-, Energie-, Umwelt- und Versicherungsrechts.

KONZERNERKLÄRUNG ZUR UNTERNEHMENSFÜHRUNG

Die Konzernerklärung zur Unternehmensführung ist in diesem Geschäftsbericht zu finden und auf unserer Internetseite www.volkswagenag.com/de/InvestorRelations/corporate-governance/declaration-of-conformity.html dauerhaft zugänglich.