Konzern­lagebericht

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Einkauf

Die zentrale Aufgabe des Einkaufs (ehemals Beschaffung) bestand auch im Geschäftsjahr 2021 darin, die Bedarfe abzusichern und an der Erstellung wettbewerbsfähiger, innovativer Produkte sowie der Optimierung der Kostenstrukturen mitzuwirken. Darüber hinaus haben wir die Digitalisierung der Einkaufssprozesse weiter vorangetrieben. Das erste Halbjahr 2021 war geprägt durch eine deutlich erhöhte Nachfrage nach Konzernfahrzeugen, wobei sich herausstellte, dass die Kapazitäten, die in 2020 pandemiebedingt drastisch heruntergefahren wurden, in vielen Bereichen nicht schnell genug wieder aufgebaut werden konnten. Dadurch kam es in 2021 bei einer Vielzahl von Rohstoffen und Bauteilen wie beispielsweise bei Halbleitern zunehmend zu knappen Marktkapazitäten unter anderem auch aufgrund einer ebenfalls erhöhten Nachfrage in der Verbraucher-, IT- und Telekommunikationsbranche. Dies hatte Lieferengpässe und Preiserhöhungen zur Folge.

Einkaufsstrategie

Die neue Konzernstrategie NEW AUTO steht auch innerhalb des Einkaufs für mehr Geschwindigkeit, Fokus sowie Konsequenz und treibt den Wandel stärker voran. Mit der Funktionalbereichsstrategie „NORTH STAR“ hat der Einkauf in 2021 ein bereichübergreifendes, umfangreiches Strategieprogramm gestartet. Neben den kurzfristigen Kostenzielen verfolgt das Programm die Verbesserung unserer Versorgungssituation, die Steigerung der Produktqualität sowie die Stärkung von Innovationskraft und Nachhaltigkeit. Seine Ziele leiten sich aus der Konzernstrategie NEW AUTO ab und treiben den Wandel von Volkswagen auch aus dem Einkauf heraus. „NORTH STAR“ schafft darüber hinaus optimierte strukturelle Voraussetzungen für unsere Einkäufer und setzt mit der Digitalisierung unserer Prozesse sowie einer erhöhten Mitarbeiterorientierung weitere Schwerpunkte.

Elektromobilität

Als zentrale Aufgabe des Einkaufs gilt es in Bezug auf die Elektromobilitätsoffensive, die weiterhin wachsenden Bedarfe der nächsten fünf bis zehn Jahre nachhaltig abzusichern und dabei die Kostenstrukturen zu optimieren.

Im Zuge der Auftragsvergaben an unsere Partner in Sachen Elektromobilität stellen wir Anforderungen bezüglich nachhaltiger Lieferantenquellen, transparenter und nachverfolgbarer Lieferströme sowie Energie- und CO2-optimierter Lieferketten. Weltweite Bedarfe aus den Märkten Europa, Amerika und Asien bündeln wir in Konzernvergaben mit dem Ziel der Kostenführerschaft bei Elektromobilitätslösungen. Dabei achten wir auf Diversifizierung in Verbindung mit Zweilieferantenstrategien sowie auf die Lokalisierung des Zuliefererportfolios für alle Kernkomponenten der Elektrofahrzeugflotte, um wirtschaftliche und geopolitische Risiken zu reduzieren.

Digitalisierung der Versorgung

Wir arbeiten konsequent daran, eine komplett digitalisierte Lieferkette umzusetzen. Sie soll uns dabei unterstützen, die Versorgung abzusichern und konzernweit Synergien zu heben, um eine führende Position bei Kosten und Innovationen zu erreichen. Dafür schaffen wir eine gemeinsame Datenbasis und nutzen innovative Technologien, die eine effiziente, vernetzte Zusammenarbeit in Echtzeit ermöglichen – im Konzern wie auch mit unseren Partnern. Im Bereich Einkauf sollen Transaktionen mit unseren Lieferanten zukünftig standardisiert und wo möglich automatisiert werden, um nicht nur Transaktionskosten zu reduzieren, sondern auch Geschäftsprozesse zu beschleunigen. Mögliche Versorgungsrisiken können automatisiert gemeldet werden, um Maßnahmen und Alternativen gemeinsam schneller zu identifizieren. Im Jahr 2018 wurde mit der Digitalisierungsstrategie des Konzern-Einkaufs der Grundstein für die Zukunft des Einkaufs gelegt. Mit dieser Strategie sollen nicht nur die Schwächen der IT-Systemlandschaft des Einkaufs behoben, sondern auch die Effektivität, Effizienz und Zukunftsfähigkeit der Organisation gesteigert werden. Die ersten Systeme wie beispielsweise ein Bot-Projekt zur Automatisierung der Geschäftsabläufe in der Versorgung wurden entwickelt und in die bestehende Systemlandschaft integriert.

Struktur der wichtigsten Einkaufsmärkte

Unser Einkauf ist global organisiert und in den wichtigen Märkten weltweit präsent. Dadurch können wir sowohl Produktionsmaterial und Sachinvestitionen als auch Dienstleistungen weltweit in der geforderten Qualität und zu bestmöglichen Konditionen einkaufen. Aufgrund der Vernetzung der Einkaufsorganisationen der Marken sind wir in der Lage, konzernweit Synergien auf den verschiedenen Einkaufsmärkten zu heben.

Der Volkswagen Konzern betreibt, zusätzlich zu den Einkaufseinheiten der Marken, sieben Regionalbüros. In Wachstumsmärkten ermitteln und qualifizieren wir lokale Lieferanten, um Kostenvorteile für alle Produktionsstandorte im Konzern zu realisieren. Dabei rücken auch Start-ups und Softwarelieferanten in den Fokus. In bekannten und etablierten Märkten unterstützen die Regionalbüros den Zugang zu neuesten Technologien und Innovationen.

Kaufteile- und Lieferantenmanagement

Das heutige Lieferantenportfolio zeichnet sich durch globale Verteilung, Segmentierung und Diversifikation aus. Den damit verbundenen Herausforderungen stellen wir uns, indem wir die Industrialisierung der Lieferanten durch das Lieferantenmanagement des Einkaufs begleiten und überwachen. Dies beginnt bereits beim Auditieren und Bewerten von Lieferanten in Vorbereitung auf den Nominierungsprozess, gefolgt vom Überwachen des Reifegrads der Industrialisierung der Kaufteile bis hin zur vollständigen Abnahme und Bestätigung der benötigten Produktionskapazitäten an den jeweiligen Lieferantenstandorten. Die Komplexität der Bauteile erfordert dabei eine regelmäßige Kontrolle der Fertigungsprozesse, um mögliche Störfaktoren frühzeitig zu identifizieren und notwendige Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die enge Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung der Produktionsstandorte ist ausschlaggebend für eine stabile Anlauf- und Serienversorgung mit Kaufteilen für unsere Fahrzeugprojekte. Insbesondere die andauernden Herausforderungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie haben gezeigt, dass das weltweite Netzwerk des Lieferantenmanagements zuverlässig funktioniert hat und die Versorgung der Fahrzeug- und Komponentenwerke über das Berichtsjahr hinweg weitestgehend sichergestellt werden konnte. Dennoch führte im Geschäftsjahr 2021 eine anhaltend angespannte Versorgungssituation, insbesondere bei Halbleitern, zu einer eingeschränkten Fahrzeugverfügbarkeit für die Kunden.

Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen

Grundlage erfolgreicher Geschäftsbeziehungen mit unseren Geschäftspartnern bilden die Achtung der Menschenrechte sowie die Einhaltung von Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards, ein aktiver Umweltschutz und die Korruptionsbekämpfung. Diese Nachhaltigkeitsstandards sind in den vertraglich verbindlichen „Anforderungen des Volkswagen Konzerns zur Nachhaltigkeit in den Beziehungen zu Geschäftspartnern (Code of Conduct für Geschäftspartner)“ definiert. Gleichzeitig ist dort die Erwartung formuliert, dass sich die Geschäftspartner für die Einhaltung der Anforderungen in ihrer Lieferkette einsetzen. Das Einhalten der Anforderungen wird von uns mithilfe eines Nachhaltigkeitsratings bei relevanten Lieferanten überprüft und ist seit 2019 ausdrücklich vergaberelevant. Die Relevanz eines Geschäftspartners für das S-Rating ergibt sich unter anderem durch die Unternehmensgröße oder die Risikoexposition, die aus der Art der Dienstleistung abgeleitet wird.

In unserem Nachhaltigkeitsrating ermitteln wir die Nachhaltigkeitsperformance der Lieferanten mithilfe von Selbstauskünften und risikobasiert mit Vor-Ort-Überprüfungen. Die Einführung des Nachhaltigkeitsratings in die globalen Beschaffungsprozesse relevanter Gesellschaften wurde bis zum Ende des Berichtsjahres abgeschlossen. Bis dahin lagen uns 12.483 Ratings für Lieferanten vor, deren Auftragsvolumen einem Anteil von 85 % am Gesamtvolumen entspricht. Sowohl die Validierung eines Fragebogens als auch die Durchführung der Vor-Ort-Überprüfungen erfolgt durch ausgewählte Dienstleister. Erfüllt ein Lieferant unsere Anforderungen zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards nicht, wird in der Regel kein Auftrag vergeben. Die Verknüpfung von Vergabeentscheidungen an Nachhaltigkeitskriterien ist einer der stärksten Hebel, um diese durchzusetzen. Auf bestehende Nachhaltigkeitsrisiken und -verstöße, auch in der vorgelagerten Lieferkette, reagieren wir mit der systematischen Definition und Umsetzung von Maßnahmen, um die erkannten Verstöße abzustellen. Zudem haben wir trotz der Widrigkeiten durch die Covid-19-Pandemie die Fort- und Weiterbildung von Lieferanten weiterhin fokussiert. Im Geschäftsjahr 2021 haben über 1.700 Lieferanten unsere Qualifizierungsangebote wie digitale Lieferantenschulungen oder E-Learnings wahrgenommen.

Wir setzten 2021 weiterhin den Schwerpunkt unserer Aktivitäten auf die Themengebiete Compliance, Dekarbonisierung und Menschenrechte.

Im Bereich Dekarbonisierung verfolgt der Volkswagen Konzern das Ziel, kontinuierlich über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs Treibhausgasemissionen zu reduzieren oder zu vermeiden. Der Wandel des Konzerns zum Anbieter nachhaltiger Mobilitätslösungen, insbesondere der Trend hin zur Elektromobilität, verschiebt den Handlungsbedarf von der Nutzungsphase in die Lieferkette und Herstellung von Fahrzeugteilen und Fahrzeugen. Wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und bekennen uns zum Pariser Klimaschutzabkommen. So haben wir die Nutzung unter anderem von regenerativer Energie bei Zellherstellern im Lastenheft vertraglich verankert.

Zur Achtung der Menschenrechte in unseren Lieferketten orientieren wir uns an internationalen Abkommen und Rahmenwerken, wie sie in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den Leitsätzen und Übereinkommen der OECD gefordert sind. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, haben wir 2021 ein Human-Rights-Due-Diligence-Managementsystem eingeführt, mithilfe dessen die Menschenrechtsrisiken in unserer Lieferkette reduziert werden sollen. Zur wirksamen Bearbeitung der teilweise umfangreichen Risiken in den Rohstofflieferketten wurde ein zusätzliches Managementsystem eingerichtet. Dieses konkretisiert die Priorisierung und Bearbeitung der von uns als besonders risikoreich eingestuften Rohstofflieferketten. Für die Gestaltung des verantwortungsvollen Rohstoffbezugs sind Transparenzanforderungen für unsere Batterielieferanten eine wesentliche Grundlage. Im Zuge dieser vertraglichen Anforderung verlangen wir zum Beispiel die Offenlegung der gesamten vorgelagerten Lieferkette von unseren Batterielieferanten für Neuvergaben.

Rating
Systematische Bewertung von Unternehmen im Hinblick auf ihre Bonität. Das Rating wird durch Bewertungsstufen ausgedrückt, die die verschiedenen Rating-Agenturen unterschiedlich definieren.